Tourenbericht "Deutsche Alpenstraße"

  • #1

    TAG 1
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    Bisher war ich mit meinem Motorrad immer nur tageweise oder höchstens mal übers Wochenende unterwegs (und dann meistens auch in bekanntem Gebiet). Nun sollte es dieses Jahr Ende Mai zum ersten Mal für 5 Tage etwas weiter weg und dann auch noch in die Berge gehen. Mein Kollege und ich haben eine Fünftagestour entlang der Deutschen Alpenstraße geplant. Entlang deshalb, weil die Route für uns erst mal nur ein ungefähres Rückgrat darstellt und weil wir vor Ort dann nach Lust und Laune und Wetter lokale und spontane Abstecher und/oder Tagestouren einflechten wollten.


    Die GPS-Daten der Tour sind hier (leider klappt irgendwie der GPSies-Link nicht so recht).


    Da ich noch nie so lange unterwegs war, schwirrten mir am Anfang natürlich einige Dinge im Kopf herum. "Wie packe ich mein ganzes Zeugs am besten aufs Motorrad?", "was brauche ich überhaupt für 5 Tage wirklich (!) als Gepäck?", "wie kriege ich das ggf. wasserdicht transportiert?", "schaffe ich konditionell so eine lange Tour denn überhaupt?", "passen mein Kollege und ich vom Fahrstil wenigstens einigermaßen zusammen?" usw. usf.


    Wegen meines Motorrades (Honda CB1100) hatte ich keine Bedenken, weder wegen der Zuverlässigkeit - ist ja eine Honda! ;) - noch wegen der Tourentauglichkeit. Etwas Kopfzerbrechen machte mir jedoch das Verstauen des Gepäcks. Da die rückwärtigen Blinker leider sehr weit vorne angebracht sind (am Ende der Soziusbank und nicht etwa hinten am Schutzblech neben dem Rücklicht), ist es leider sehr schwierig auch nur kleinere Satteltaschen seitlich anzubringen, weil die mit den Blinkern kollidieren. Die Ortlieb Moto Gepäcktaschen gehen grad so ran (und wären auch wasserdicht), die SW-Motech Racepack Evo wäre ideal, baut aber sehr groß und ist auch sauteuer (aber sicher gut, wie ich vermute), gleiches gilt für die SW-Motech Cargobag Evo. Nach einigem Überlegen wurde es aber dann doch einfach eine simple Kunststoffgepäckrolle (Louis Speedbag). Nachdem ich aber mal meine Siebensachen alle zusammengepackt hatte, stellte ich fest, daß die 50 L Rolle viel zu groß für ein paar Unterhosen, T-Shirts, Hose, Schuhe, Kreditkarte, Handy, Buch etc. ist, deshalb bin ich kurzerhand auf die 30 L Variante umgestiegen. Und im nachhinein muß ich sagen, daß für eine Fünftagestour alleine eine 30 L Rolle locker für mich reicht. Befestigt habe ich die Rolle kreuzweise per Rok-Strap, geile Dinger, die halten bombenfest.


    Am Sonntagmorgen ging es dann von Mannheim aus bei wunderschönem Wetter los. Leider war der Startpunkt unserer Tour Berchtesgaden, weil wir die Route von Westen her aufrollen wollten. Gut 500 km und 5 h Fahrt nur auf der AB ist schon ein bißchen grauslig, aber letztendlich ging es dann doch mit 2 Tankstopps und Pausen und zwei Snickers ganz gut. Was auch geholfen hat, war die gepolsterte Radlerhose, die ich unter der Motorradhose trug. Als Motorradklamotten hatte ich im übrigen die Louis Probiker PR-10 mit Klimamembran (Textilkombi) an. Solange es trocken war, funktionierte die Membran einfach als Windstopper, so daß es mir in den Klamotten nicht zu kalt wurde. Im Regen dient die als Regenstop. Wie ich später noch schildern werde, war das auch nötig. ;o)


    Als Unterkunft hatten wir uns die "Götschenalm" in Bischofswiesen ausgesucht. Die kann ich nur empfehlen! Schöne Lage, wunderschönes Almhaus, guter Service, günstig und das Essen ist auch gut.



    Nach unserer Ankunft haben wir erst mal kurz durchgeschnauft und sind dann gleich mal zur Roßfeldpanoramastraße aufgebrochen. Die Strecke kostet 4 EUR Maut, und man kann dann so oft fahren, wie man will. Die Strecke fährt sich recht gut, sie ist auch gut ausgebaut, Spitzkehren oder engste Alpenserpentinen sollte man jedoch nicht erwarten. Etwas enttäuscht war ich, weil - entgegen des Namens - es doch nur wenige Punkte/Stellen an der Strecke gab, wo man wirklich ein Panorama auf die Alpen hatte. Oft geht die Strecke durch baumbestandenes Gebiet, was etwas die Sicht nimmt.


    Hundemüde sind wir dann mit einem kurzen Abstecher über den Königssee zur Götschenalm zurück, haben zu Abend gegessen, geduscht und sind ins Bett gefallen.

  • #2

    TAG 2
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    Am nächsten Morgen stellten wir fest, daß es über Nacht geregnet hatte und es in den Bergen Neuschnee gab. Insofern war also schon mal klar, daß wir wahrscheinlich manche unserer Abstecher in die Berge nicht werden machen können.


    Nach einem ruhigen Frühstück ging es dann gegen 9 Uhr los. Als erstes stand ganz in der Nähe die sog. Scharitzkehlstraße auf unserem Programm und der Weg Richtung Ramsau. Die Scharitzkehlstraße ist nicht sooo spektakulär, sie hat mir aber jedoch sehr gut gefallen, weil man auf kleinen und kleinsten Sträßchen direkt an manchen Bauernhöfen vorbeikommt und man stellenweise ein wunderschönes Alpenpanorama hat.


    Leider haben wir uns danach dann etwas in der Berchtesgadener Gegend verlocht, weil wir irgendwie in ein paar Umleitungen gerieten, aus denen wir talauswärts nicht so recht rauskamen. Nachdem wir dann von Bad Reichenhall aus dann das richtige Loch :) gefunden hatten, ging es dann Richtung Inzell nach Ruhpolding weiter, dann nach Reit im Winkel und rüber ins österreichische Kössen. Von dort fuhren wir dann in den "Wilden Kaiser" (1 EUR Maut) und machten an der Fischbachalm eine Mittagspause. Das Panorama in dem engen Talkessel war beeindruckend und das weiterhin gute Wetter tat seinen Teil dazu.


    Langsam aber sicher zog das Wetter leider etwas zu, so daß wir vom "Wilden Kaiser"


    aus direktemang über den Walchsee und Niederaudorf Richtung Schliersee fuhren. Auf dem Weg von dort Richtung Tegernsee erwischte uns dann ein richtiger Wolkenbruch, und streckenweise war die Fahrbahn fast überflutet. :( Nicht sehr angenehm. Meinen Klamotten hielten fast ;) dicht, lediglich vorne am Hosenbund drang etwas Wasser in der "Sitzkehle" ein, das ist ein bißchen dem Konstruktionsmangel des Klimamembran-Inlets meiner Kleidung geschuldet, denn der Überlapp vorne zwischen Innenjacke (Membran) und Innenhose (Membran) ist sehr kurz, außerdem verknuddelt man beim Anziehen gerne gerade in dem Bereich die Membran, so daß es nicht ganz dicht sein kann.
    Egal... wir sind ja nicht aus Zucker... Nach einem kurzen Regenhalt sind wir weiter in Richtung Kreuthüber den Achenpaß am Sylvensteinstausee gelandet. Dort hat der Regen aufgehört, und wir machten eine kurze Verschnaufpause samt Schokoriegel.
    Zwischen Wallgau und Vorderriß sind wir dann mehr oder weniger auf ein wirklich wunderschönes Strück Strecke gestoßen (4 EUR Maut), die entlang der Isar führte. Stellenweise kamen wir uns bei dem Panorama (weite Flußlandschaften und Berge) wie in Kanada vor. Sehr empfehlenswert!


    Irgendwann hat uns dann gegen Abend doch die Lust evrlassen, und wir haben in Garmisch-Partenkirchen in der Pension "Alpenkranz" Quartier bezogen, um v.a. unsewre Klamotten rechtzeitig für den nächsten Tag irgendwie zu trocknen. Die Pension ist preisgünstig und okay. GAP selbst hat uns beiden komischerweise nicht so gefallen, der Ort wirkt irgendwie zusammengewürfelt und außerhalb der Skisaison recht ausgestorben. Abends um 20 Uhr ist in der Innenstadt nix mehr los!?

  • #3

    TAG 3
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    Nachdem am nächsten Morgen alle meine Klamotten samt Stiefel furztrocken waren (mein Kollege hatte noch etwas feuchte Schuhe und Handschuhe) ging es dann nach einem kurzen Frühstück wieder gegen 9 Uhr morgens los. Heute war aufgrund des grauen und instabilen Wetters sowieso klar, daß wir nicht viele Meter machen können. Die Hauswirtin hat uns auch gesagt, daß es mehr oder weniger den ganzen Tag immer wieder in der Gegend entlang den deutschen Alpen regnen wird. Deshalb entschlossen wir uns, den Tag als Kulturtag zu begehen und viele Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.


    Los ging es gleich hinter GAP nach Oberammergau samt einem kleinen Stop dort in dem pittoresken Ort. Weil es noch sehr früh war, war es ruhig und beschaulich. Die Häuser mit ihren Lüftlmalereien gefielen mir sehr gut.


    Weiter ging es dann von dort in Richtung Kloster Ettal.


    Allerdings verweilten wir dort nicht sehr lange, denn als größerer Zwischenstop war das Schloß Linderhof eingeplant.


    Unser Mittagessen nahmen wir dann direkt neben der Wieskirche ein, eine wärmende Kartoffelsuppe half uns, gegen die naßkalten Temperaturen innerlich anzukämpfen. Als wir dann genau vor dem Kini-Schloß Neuschwanstein standen, zog es pünktlich zu, und es fing wieder an zu regnen. Eine Besichtigung des Schlosses fiel also buchstäblich ins Wasser. :(
    Da es sich einzuregnen begann und kein Ende des Regens in Sicht war, haben wir uns kurzerhand in Hopfen am See in der Nähe von Füssen im "Landhaus Kössel" einquartiert. Die Unterkunft ist der Hammer!!! Nicht ganz bikerfreundlich billig, aber jeden Cent wert! Ein dreifacher Saunagang hob unsere nasse Regenlaune wieder an, eine große Pizza beim Italiener am See stopfte den Bauch und machte uns bettmüde.

  • #4

    TAG 4
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    Nach einem wunderschönen, ausgibigen Frühstück in dem wunderschön hergerichteten Frühstückssaal ;) und einem kleinen Plausch mit zwei Africa Twin Fahreren aus der Schweiz ging es bei wieder trockenem, aber weiterhin grauen Wetter entlang der Deutschen Alpenstraße weiter. Von Füssen aus stachen wir in Richtung Reutte, um von dort von Bichlbach aus ins Namloser Tal einzufahren.


    Eine wunderschöne Strecke! Allerdings habe ich bei 9 Grad Celsius ein paar Heizgriffe bei meinen Held-Handschuhe vermißt, so daß ich mir eher wie ein schlotternder Feigling vorkam. Nach einer Weile, als wir über Weißenbach im Tannheimer Tal angekommen waren, waren meine Finger bei steigenden Temperaturen und zusehends schöner werdendem Wetter auch wieder langsam aufgetaut.


    Über den Oberjochpaß ging es nach Bad Hindelang - dort gibt es übrigens auch einen Ort namens Vorderhindelang, da kam ich mir vor wie in einer Doppelhaushälfte in Ostwestfalen ;) - und an Sonthofen vorbei nach Fischen im Allgäu. Die Strecke nach Balderschwang ist eine richtige Kurvenschwang, das hat Laune gemacht, sage ich Euch!


    Aber kaum gingen wir vom Gas runter waren wir schon über Hittisau und Oberstaufen, Lindenberg und Sigmarszell *schwupps* am Ende der Deutsche Alpenstraße (oder am Anfang, wie man's nimmt) angekommen. :( *heul*


    Nach einem stärkenden Kaffee samt Kuchen mit dick Sahne direkt am Lindauer Hafen bei tollstem Wetter (21 Grad und Sonne) beratschlagten wir, wie es denn nun weiter gehen sollte. Da wir wegen des Wetters macnhe Abstecher in die "tiefen/hohen" BErge nicht machen konnten/wollten, waren wir letztendlich einen Tag zu früh in Lindau (unserem geplanten Endpunkt) angekommen. Noch etwas geschwächt und feucht vom ganzen Wetter der letzten Tage verwarfen wir die Spiontane Idee, vom Bodensee aus nach Basel und Cernay zu brettern, um dann dort einen Tag mit der "Route des Crêtes" zu verbringen.

  • #5

    TAG 5
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    Stattdessen entschieden wir uns, bei meinen Eltern einen Zwischenstop über Nacht einzulegen (ich stamme aus der Nähe von Freiburg), um dann am nächsten Tag nach dem gemütlichen Ausschlafen über den Schwarzwald (Hochstraße) in aller Ruhe heimzufahren. Da ich aber die Strecke dort gut kenne, habe ich kaum Fotos gemacht, die ich hier zeigen kann. Außerdem soll der Bericht ja die Deutsche Alpenstraße behandeln, daher spare ich mir auch für den 5. Tag die genaue Tourbeschreibung über den Schwarzwald heim nach Mannheim.


    Fazit:
    1) Die fünft Tage waren herrlich, trotz des Wetters. Es hat mächtig Laune gemacht, außerdem habe ich gleich ("worst case") gesehen, daß man Spaß haben kann, auch wenn nicht immer nur die Sonne scheint.
    2) Klamotten hatte ich in meinem 30 L Sack genug dabei, der Sack blieb pupstrocken und kostet grad mal 10 EUR oder so, eine klare Empfehlung.
    3) Der Spritverbrauch meiner CB1100 lag so zwischen 5 und 5,5 L auf 100 km, je nach Spaßquirlfaktor.
    4) Anfangs tat abends der Bobbes etwas weh, aber mein verlängerter Rücken gewöhnte sich mit der Zeit dran.
    5) Vielleicht werde ich irgendwann einmal, wenn das Wetter absehbar konstanter und wärmer ist in den nächsten Jahren nochmals dorthin fahren, um ein paar Pässe, die wir verpaßt haben, mitzunehmen.

  • #7

    Danke für diesen tollen, anschaulichen Bericht mit den Fotos.
    Ich war in Gedanken live dabei :)


    Wie steckten die Rösser neben den Reitern die "Strapazen" insbes. der Regenfahrten weg? Gab es etwas zu beanstanden?


    Gruß
    Gustav

  • #9


    Sehr gute Frage, habe ich ganz vergessen zu erwähnen:
    1) Die CB1100 saut hinten und hinten seitlich bei Regenwetter leider ziemlich hoch. Der Packsack, den ich längs (nicht quer) auf dem Soziussitz festgeschnallt hatte, war im hinteren Bereich ordentlich versaut (aber dicht). Die Felgen und auch etwas mein Jackenrücken waren auch versaut.
    2) Seit dem Wolkenbruch und dem Reinigen heute mit dem Dampfstrahler quietscht beim Betätigen der Kupplungshebel etwas, da hat sich wohl ein Tropfen Öl verklemmt. ;) Muß ich mal nachölen.
    Sonst war bei meiner CB1100 nichts zu beanstanden.


    (Im Gegensatz zu der Moto Guzzi Stelvio meines Kollegen: Da ging von Anfang an "plötzlich" die Neutrallampe nicht mehr. Ist ja an sich nicht so schlimm, könnte man denken, aber deshalb ging auch leider das Handschuhfach [Sicherheitsschaltung] seitlich nicht auf - und in dem befand sich leider die USB-Buchse zum Aufladen seines Navis. Außerdem leuchtete am Tag nach dem starken Regenguß "Service" am Tacho und es wurden weder Geschwindigkeit noch Drehzahl noch Kilometerstände angezeigt bzw. fortgezählt, weil der hintere Radsensor wohl das Regenbad nicht so mochte. Nach 2 Tagen ging der Sensor dann wieder.)

  • #10


    Sehr schöner und ausführlicher Bericht! Schade für euch, dass das Wetter nicht ganz mitgespielt hat!


    Ach das mit der Guzzi erinnert mich an meine Jugend :mrgreen: Da war ich mit einem Kumpel in Spanien unterwegs, er mit einer Le Mans 850 und ich mit ner VFR. Da ist die Guzzi im Spanischen Hinterland an einem Sonntag Mittag ausgefallen, das war ein unvergessliches Abenteuer. Ein ziemlich angetrunkener Dorfmechaniker (Spezialgebiet Traktortechnik) hat sie seinerzeit geflickt :lol:

    "Freedom's just another word for nothing left to lose" Janis Joplin

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