Bei meiner viertägigen Motorradtour mit der Honda CB 1100 Ex letzte Woche bemerkte ich beim Reduzieren der Geschwindigkeit von 80 bis 70 km/h einen unruhigen Lauf des Vorderrades, sobald meine Hände den Lenker nicht fest einhielten. Ich hatte diesen Effekt bei meinen zahlreichen Ausfahrten noch nie wahrgenommen, diesmal war es der Fall. Der Reifenluftdruck war wie vorgeschrieben mit 2,5 bar vorne OK. Das machte mich nervös und ließ mir keine Ruhe.
Beim heutigen Besuch in der Werkstätte Popodi Klaus in Mühldorf kam der Chef drauf, dass es sich um den sogenannten Shimmy Effekt handelt, Erklärung siehe unten. Dieser Effekt tritt erst nach einer Laufleistung von ca. 3.500 bis 4.000 km auf und hat mit dem Reifen zu tun. Die Stärke dieses Phänomens ist bei den Motorradtypen völlig unterschiedlich. Nach der Probefahrt des Meisters wurde das Lenkkopflager etwas nachgezogen, das Rütteln wurde etwas besser ist jedoch nicht ganz verschwunden. Der Reifen hat auch keine Unwucht! Eines steht jedenfalls fest: Schuld bin nicht ich mit meiner Fahrweise, sondern die Qualität des Reifens nach Ablieferung ab Werk. Aus Kalkulationsgründen beim Verkaufspreis sind die erstmontierten Reifen eben nicht die allerbeste Qualität. Meine Honda CB 1100 Ex ist mit DUNLOP Sportmax Touring bereift. Werkstattmeister Popodi sagte mir verbindlich zu, dass die Maschine technisch tip top ist und das Fahren völlig ungefährlich ist, wenn man die Hände am Lenker belässt (die Hände fungieren diesfalls als Lenkungsdämpfer). Und freihändig fahre ich sowieso nicht.
Ein Einbau eines zusätzlichen Lenkunsdämpfers kann diesen Effekt zwar verhindern, ist aber nicht notwendig, wenn nach dem ersten Reifentausch bessere Schlappen raufkommen (hohe Eigendämpfung). Der Shimmy Effekt läßt sich z.B. mit einem Flattern der Räder bei einem Einkaufswagen vergleichen.
Der Shimmy-Effekt tritt in Geschwindigkeiten zwischen 50 und 100 km/h auf. In diesem Bereich können sich die Eigenschwingungen des Lenksystems (acht bis zehn Hertz) mit Anregungen aus der Radumdrehung überlagern, was zu mehr oder weniger starken Ausschlägen des Lenkers um die Lenkachse führt. Folgende Parameter sind dabei entscheidend: a) Nachlauf und Lenkkopfwinkel, b) Trägheitsmoment des Lenksystems, c) Aufbau und Steifigkeit der Gabel, d) Schräglaufsteifigkeit des Vorderradreifens, e) Profiltiefe.
Bei Maschinen mit einer spürbaren Tendenz zu Shimmy sollte der Lenker immer mit beiden Händen gehalten werden, da starke Flatterbewegungen unter Umständen zum Sturz führen. Verstärkt wirkt Shimmy bei Soziusfahrten oder hoher Zuladung, durch Reifenunwucht, Höhen- oder Seitenschläge. Reifen mit hoher Eigendämpfung können das Phänomen positiv beeinflussen oder gar ganz beseitigen. In kaltem Zustand (steifer Reifen) ist Shimmy meist stärker als bei warmen Reifen.
Da die Honda noch unter Garantie läuft sprach ich auf einen Reifenwechsel an. Dies ist leider in den Garantiebestimmungen nicht enthalten und müßte auf meine Kosten durchgeführt werden. Na ja, irgendwann müssen die Schlappen sowieso mal runter und dann wird das Problem wohl gelöst sein.
Wieder was dazu gelernt!
Liebe Grüße!
Werner Robin
Seeboden am Millstättersee
Kärnten, Österreich