Teil 6
Mitttwoch, der 5.8.15 Tag 11
Regen weckt mich. Er hört auf, ich packe und fahre rechtzeitig zur Fähre.
Eine wunderbare Strecke durch eine Märchenlandschaft versüßt mir den Abschied von den Lofoten, bevor ich 3,5 Stunden auf der Fähre nach Bodo abhänge. Ich empfinde solche Fahrten als vertane Zeit, und wähle sie nur als notwendiges Übel, ohne dass mir dabei Übel wird. Im Hintergrund verschwinden langsam die mich unterhalten habenden Berge der Insel.
11 Tage unterwegs, ich spüre den Zeitpunkt nahen, an dem dieser Trip genug ist. Genug mit dem Zeltauf- und Abbau, des Campingplatzansteuerns, den sich dort bildenden Zweckgemeinschaften, den Wohnmobilen und deren Insassen, den Touristen, von denen ich auch einer bin. Noch ist es nicht genug. Keep on going!
Die Pracht der Lofoten setzt sich auf der Küstenstraße 17 fort. Hübsche Berg - und Fjordwelt, durch die die CB, ihrem Tanksymbol Rechnung tragend, beflügelt swingt. Ein herrliches Kurvenschwingen ist das. Oft bin ich allein auf weiter Feld und Flur. Beim Rasten keine Störgeräusche weit und breit. Ein paar Vögel kreischen und piepsen. In der Mitte von Norwegen. Der Scenic Route.
Ich wundere mich, wie viel Schmutz die Honda aufnehmen kann. Von Glanz keine Spur mehr. Ein Touringbike eben und kein schlechtes. Auf so einer ausgiebigen Tour habe ich die Gelegenheit, mich einmal weitläufiger an die Honda zu gewöhnen. Stunde um Stunde, Kilometer für Kilometer. Erste Schwachstellen an Mensch und Maschine nach 4.300km, so es denn welche sind, nerven nicht mehr. Das Team ist eingespielt und erprobt. Selbst der Hinterradreifen hält erstaunlich lang. 18.700km bis jetzt und da geht noch deutlich mehr.
Mist, kaum sitze ich an Bord auf einer der zahlreichen zu buchenden Fähren auf dem Küstenweg, kommt die junge Bordlady angelaufen und berichtet mir, die CB sei umgefallen, Benzin laufe aus.
Doof das, da ich sie beim Verlassen des Unterdecks noch ausgiebigst befragte, ob meine Maschine so sicher für die Überfahrt stehe. Sie bejahte mehrmals.
Ein junger Bordingenieur half mir, die "verrutschten Teile mittels seines herbeigeholten Werkzeugs, namentlich Gasgriff, Windschild und Spiegel, wieder in Position zu bringen.
Kaputt ging auch bei diesem Umfaller Nr.2, dem letzten auf meiner Reise, nichts. Gute Sturzbügel und auch die reichlich gefüllten Packtaschen federten diese Erschütterung und mögliche Kaltverformung ab. Peinlich war der Besatzung der Vorfall allemal. Bei einer Motorradtour ist ständige Wachheit geboten. Kleinste Fehler rächen sich oft bitter.
Hätte ich den Hauptständer statt des Seitenständers genommen, tja dann, hinterher bin ich schlauer.
Besonders wirkungsvoll im Sommer, Schnee auf den Bergen.
Nebel dagegen, stark vorhanden in der Küstenbergwelt, hüllt alles in optische Watte und versperrt bisweilen zu sehr die Sicht.
Vor Nesma schlage ich auf einem rezeptionsunbesetzten Platz auf.
Es ist schon spät.
Donnerstag, der 6.8.15 Tag 12
Die Eingangsformulierung vom Vortag trifft diesen Morgen genauso zu.
Regen prasselt seit Stunden ans Zelt.
Wie ich Regenfahrten und nasse Klamotten liebe.
Werde die 17 nach Nesma weiterfahren, dort eine Fähre nach Levang buchen.
Von der 17 in Leivosen auf die 78 abbiegen, die mich auf die E6 führt.
Dann versuchen bis Stjördal auf Höhe Trondheim zu gelangen. So der Plan, ich packe.
So läuft's dem Ende entgegen bei mir meist. Routen in den Blick nehmen, Strecke machen und los.
Warten auf die Fähre, Kaffeetrinken, je mehr ich trinke, desto billiger wird er. Erst 20 NK, dann 15NK, dann frei, ist eine gern genommenen Ansage. Tanken und Einkaufen in Nansens vertreiben die Zeit des 1,5 Std langen Wartens.
Stories don't end. Just someone stops listening, or even reading.
Die Story, seine Komfortzone zu verlassen, um sich auf Reisen mit dem Zelt im Gepäck und dem Motorrad unterm Hintern umzusehen. Doch diese Story wird ein Ende finden.
Nach der Fähre werde ich die ansehnliche Küstenstraße verlassen und ins Landesinnere überwechseln. Fährnummern kosten Zeit und Geld. Beides habe ich ausreichend investiert.
Allmählich schwindet der Regen, die Temperaturen steigen. Ich fahre auf der E6 und noch mal die E6. So schlimm, wie ich sie in Erinnerung hatte, ist sie nicht. Ganz abwechslungsreich. Immerhin das. Bis Steinkjer bleibe ich im Sattel, gut Meile gemacht und schaue in der Nacht noch ein wenig aufs Wasser.